Willkommen auf motorrad gutachter berlin im Bereich: Gerichtsurteile Kfz Unfall
service support 24 service

Handynutzung: Aussage gegen Aussage - OLG Karlsruhe vom 28.08.2009 - Az. 1 Ss 135/08
18. März 2010

Eine Autofahrerin wurde wegen unerlaubter Benutzung eines Mobiltelefons vom Amtsgericht zu einer Geldbuße von 40 Euro verurteilt. Das Urteil stützte sich auf die Aussage eines Gemeindevollzugsbeamten, der angab, deutlich und mit direkter Sicht auf das Fahrzeug gesehen zu haben, wie die Autofahrerin ein Handy ans Ohr hielt. Die Verurteilte bestritt dies und legte Rechtsmittel gegen das Urteil ein.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe beanstandete, dass die Urteilsbegründung keinerlei Angaben zur Entfernung zwischen Standort des Zeugen und dem Fahrzeug, über dessen Geschwindigkeit und zur Dauer der Beobachtung enthielt. Da für das Gericht eine Fortführung des Verfahrens in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Tat stand, wurde das Verfahren schließlich eingestellt.
Beschluss des OLG Karlsruhe vom 28.08.2009
Aktenzeichen: 1 Ss 135/08


Ersatz des Nutzungsausfallschadens bei mangelhafter Kaufsache - BGH vom 19.06.2009 - Az. V ZR 93/08
3. Oktober 2009

Der Käufer einer mangelhaften Sache kann für die Dauer der Nachbesserung vom Verkäufer Nutzungsausfallentschädigung verlangen, wenn der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat. Ferner kann dem Käufer ein Schadensersatzanspruch für den Fall zustehen, dass er den Kaufgegenstand nicht wie beabsichtigt einsetzen kann (z.B. Maschine für Warenproduktion) oder er den gekauften Gegenstand (hier bebautes Grundstück) aufgrund des Mangels nicht bzw. nicht zu der ohne Mangel möglichen Miete vermieten kann.

Hierzu hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Verpflichtung des Verkäufers zur Zahlung des Nutzungsausfallschadens nicht voraussetzt, dass sich der Verkäufer mit der Mängelbeseitigung in Verzug befunden haben muss.

Urteil des BGH vom 19.06.2009
Aktenzeichen: V ZR 93/08

Haftungsverteilung bei Vorfahrtsverletzung und erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung - LG Coburg vom 27.08.2009 - Az. 21 O 655/08
17. April 2010

Ein Pkw-Fahrer, der mit 100 km/h in eine Ortschaft einfährt, haftet alleine für den Unfallschaden, wenn er mit einem aus einer kurz nach dem Ortsschild einmündenden Nebenstraße ausfahrenden Kfz kollidiert und dessen Fahrer unwiderlegt behauptet, den vorfahrtsberechtigten Raser nicht gesehen zu haben. Die erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung überwiegt hier die Vorfahrtsverletzung so deutlich, dass eine Mithaftung des Wartepflichtigen ausscheidet.

Urteil des LG Coburg vom 27.08.2009
Aktenzeichen: 21 O 655/08

Kollision mit weit ausschwenkendem Fahrzeug - KG Berlin vom 20.07.2009 - Az. 12 U 192/08
19. April 2010

Hat sich der Fahrer eines Kraftfahrzeugs, das aufgrund seiner Bauart oder seiner Ladung beim Abbiegen nach links in den rechts daneben befindlichen Fahrstreifen ausschwenkt, auf dem linken Fahrstreifen eingeordnet, muss er das Abbiegen nach links solange zurückstellen, bis er sicher sein kann, dass er keinen rechts daneben befindlichen, nachfolgenden Verkehrsteilnehmer gefährdet oder schädigt. Kommt es zu einer Kollision mit einem auf der rechten Fahrspur Fahrenden und konnte dieser den Zusammenstoß nicht durch vorheriges Abbremsen vermeiden, haftet der Linksabbieger allein für den Unfallschaden.

Urteil des KG Berlin vom 20.07.2009
Aktenzeichen: 12 U 192/08
DAR 2010, 88


Allgemeines


Abschleppkosten

 

 

AG DUISBURG
18.11.2004
53 C 5330/03

Hat das bei einem Heckaufprall beschädigte Fahrzeug bereits zuvor durch einen eigen verursachten Frontaufprall quasi einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten, so kann der Geschädigte lediglich die Differenz zwischen dem zuvor vorliegendem Restwert und dem nun gegebenen Restwert verlangen.

Aus den Gründen: (...Ferner besteht kein Anspruch auf Ausgleich des Nutzungsausfalls, der Abschleppkosten und der bei dem Abschleppunternehmen entstandenen Reinigungskosten.
Die Schädigung des klägerischen Fahrzeuges durch das Fahrzeug des Beklagten zu 2 war für die Herbeiführung der Fahruntauglichkeit des klägerischen Fahrzeuges nicht kausal.
Aus dem Privatgutachten des Klägers ergibt sich, dass das Fahrzeug des Klägers bereits nach dem Frontaufprall nicht mehr fahr- und verkehrstauglich war.
Das Fahrzeug hätte ohnehin abgeschleppt werden müssen.
Auch war wegen des wirtschaftlichen Totalschadens bereits nach dieser Schädigung eine Neuanschaffung erforderlich...).

 

AG Wiesbaden
18.08.1993
AZ: 96 C 465/93

Der Geschädigte hat lediglich einen Anspruch auf Erstattung der Abschleppkosten für das Verbringen in die nächstgelegene geeignete Werkstatt.
Geeignet in diesem Sinne ist jede unfallortnahe Vertragswerkstatt.

Aus den Gründen: (...Die Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs.2 BGB verpflichtet den Geschädigten grundsätzlich, sein Fahrzeug nur bis zur nächstgelegenen geeigneten Werkstatt abschleppen zu lassen, weil sein "besonderes Vertrauen" zu einer Heimatwerkstatt bei Serienfahrzeugen für die Schadensdiagnose und Reparaturausführung keine Rolle spielen.
Hierbei ist jede unfallortnahe Vertragswerkstatt als eine geeignete anzusehen...).

 

 

LG MÜNSTER
30.04.1992
AZ: 15 O 96/92

Wenn im Totalschadenfalle ein relativ hoher Restwert des Kfz verbleibt, der nicht ohne weiteres abzuschätzen ist, ist ein Abschleppen des Kfz sachlich geboten und sind die Abschleppkosten vom Versicherer entsprechend § 13 Nr.5 S.2 AKB zu ersetzen.

 

 

OLG DÜSSELDORF
18.02.2002
AZ: 1 U 91/01

Aus den Gründen: (...Zum unmittelbaren Sachschaden zählt der Reparaturaufwand, der technische und merkantile Minderwert, die Sachverständigenkosten und die Abschleppkosten.
Sachfolgeschäden sind dagegen der Nutzungsausfall und die Mietwagenkosten, der Verdienstausfall, die Auslagen und ähnliches).


LG Verden
04.11.1991
AZ: 8 O 241/91

Der Kläger kann neben den Bergungskosten vom Unfallort zum Dienstsitz des Bergeunternehmens auch Abschleppkosten zur Begutachtung in eine weiter entfernte Ortschaft vom Schädiger ersetzt verlangen.
Eine Unkostenpauschale in Höhe von 50,-- DM ist angemessen.


AG BIRKENFELD
03.08.1983
AZ: 3 C 148/83

Ein Geschädigter verstößt gegen seine Schadensminderungspflicht, wenn er bei zu erwartendem Totalschaden das Fahrzeug über eine Entfernung von 650 km abschleppen lässt.
In diesem Fall ist ein Abschleppen nur bis zum nächsten Verwertungsbetrieb zulässig.

Aus den Gründen: (...Die über den bereits gezahlten Betrag hinausgehenden Abschleppkosten hat der Kläger durch Verletzung seiner Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs.2 S.1 BGB zu vertreten und damit auch selbst zu tragen.
In Anbetracht der erheblichen Beschädigungen an seinem Pkw musste der Kläger davon ausgehen, dass das Fahrzeug nicht mehr reparaturfähig sei oder er es selbst nicht mehr reparieren lassen werde.
Es bestand daher für ihn zumindest vor Begutachtung durch den Sachverständigen die Pflicht, das Fahrzeug zu einer in unmittelbarer Nähe der Unfallstelle gelegenen Werkstatt abschleppen zu lassen...)

 

 

 

 

Allgemeine Schadenregulierung

 

 

BGH
07.06.2005
AZ: VI ZR 192/04


1.) Lässt der Geschädigte sein unfallbeschädigtes Fahrzeug nicht reparieren, sondern realisiert er durch dessen Veräusserung den Restwert, ist sein Schaden in entsprechender Höhe ausgeglichen.

2.) Deshalb wird auch bei Abrechnung nach den fiktiven Reparaturkosten in solchen Fällen der Schadensersatzanspruch durch den Wiederbeschaffungsaufwand begrenzt, so dass für die Anwendung einer sog. 70%-Grenze kein Raum ist.

Aus den Gründen: (...Zwar ist der Geschädigte nicht gehindert, auch dann nach den fiktiven Reparaturkosten abzurechnen, wenn er tatsächlich nicht repariert, sondern das Kfz unrepariert veräussert.
In einem solchen Fall ist sein Anspruch jedoch der Höhe nach durch die Kosten der Ersatzbeschaffung begrenzt.
Auch wenn es den Schädiger grds. nicht angeht, wie der Geschädigte mit dem unfallbeschädigten Kfz verfährt, ändert dies nichts daran, dass zunächst nach sachgerechten Kriterien festzustellen ist, in welcher Höhe dem Geschädigten ein Vermögensnachteil erwachsen ist...).

 

LG KOBLENZ
17.05.2005
AZ: 12 S 348/04

Ein Versicherer ist berechtigt, auch dann dem Geschädigten den Schaden zu erstatten, wenn der Schädiger dem Versicherer eine Regulierung des Schaden untersagt hat.
Voraussetzung ist lediglich, dass der Versicherer von einem berechtigten Anspruch des Geschädigten aufgrund der Aktenlage ausgeht.

Aus den Gründen: (...Nach § 3 Nr.2 PflVG hat der Geschädigte einen direkten Anspruch gegen den Versicherer, ohne gegen den Versicherungsnehmer (VN) vorgehen zu müssen.
Hieraus folgt, dass der Versicherer auch gegen den Willen des VN in der Lage sein muss, eine von ihm als berechtigt anerkannte Forderung zu erfüllen, ohne hierdurch Pflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer zu verletzen.
Nur bei Vorliegen besonderer Umstände ist eine Vertragsverletzung anzunehmen.
Dies gilt, wenn der Versicherer bei der Regulierung des Schadens schuldhaft zum Nachteil des Versicherungsnehmers gehandelt hat.
Hieran fehlt es im vorliegenden Fall...).

 


AG ERLANGEN
30.03.2005
AZ: 1 C 1787/04

Bei einem relativ einfachen Sachverhalt ist eine Frist von ca. zwei Wochen, die dem Versicherer zur Regulierung gesetzt wird, auch während der Urlaubszeit, ausreichend.
Reagiert der Versicherer darauf nicht, kann der Kläger davon ausgehen, dass er ohne Klage nicht zu seinem Recht kommt.

Aus den Gründen: (...Obwohl es auf die Verzugsvoraussetzungen nicht ankommt, so ist dennoch festzuhalten, dass das Anspruchsschreiben des Klägervertreters eine Verzug setzende Fristsetzung enthielt.
Einer Androhung oder Ankündigung von Folgen bedarf es nämlich nicht. Auch war die gesetzte Frist nicht unverhältnismässig.
Auch wenn Urlaubszeit war, waren ca. zwei Wochen im Hinblick auf den doch relativ einfachen Sachverhalt ausreichend.
Der Beklagten ist zusätzlich nämlich noch vorzuwerfen, dass sie auf dieses Schreiben innerhalb der gesetzten Frist nicht reagiert und zumindest eine Eingangsbestätigung versandt hat, ggf. mit einem gleichzeitig einhergehenden Fristverlängerungsgesuch...).

 

LG FRANKFURT AN DER ODER
25.11.2004
6A S 197/04

Die Kosten für die Vermessung des verunfallten Fahrzeugs sind als Schadensermittlungsaufwand zu ersetzen.
Aus den Gründen: (...Allerdings haben die Beklagten die Kosten für die Vermessung des Fahrzeugs in einer Höhe von 102,88 Euro zu zahlen.
Die Vermessung eines Fahrzeuges nach einem Unfall wie dem hier vorliegenden zählt zu den ersatzfähigen Schadensermittlungskosten.
Der Kläger als Geschädigter konnte und durfte sich durch die Vermessung des Fahrzeuges einen Überblick über etwaige Schäden an dem Fahrzeug auf Kosten der Beklagten verschaffen.
Der zugesprochene Betrag für die Vermessung berechnet sich wie folgt: Ein Arbeitswert (AW) kostet 10,84 DM netto. 16 AW waren zur Vermessung erforderlich...).

 

AG DUISBURG
18.11.2004
53 C 5330/03

Hat das bei einem Heckaufprall beschädigte Fahrzeug bereits zuvor durch einen eigen verursachten Frontaufprall quasi einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten, so kann der Geschädigte lediglich die Differenz zwischen dem zuvor vorliegendem Restwert und dem nun gegebenen Restwert verlangen.

Aus den Gründen: (...Ferner besteht kein Anspruch auf Ausgleich des Nutzungsausfalls, der Abschleppkosten und der bei dem Abschleppunternehmen entstandenen Reinigungskosten.
Die Schädigung des klägerischen Fahrzeuges durch das Fahrzeug des Beklagten zu 2 war für die Herbeiführung der Fahruntauglichkeit des klägerischen Fahrzeuges nicht kausal.
Aus dem Privatgutachten des Klägers ergibt sich, dass das Fahrzeug des Klägers bereits nach dem Frontaufprall nicht mehr fahr- und verkehrstauglich war.
Das Fahrzeug hätte ohnehin abgeschleppt werden müssen.
Auch war wegen des wirtschaftlichen Totalschadens bereits nach dieser Schädigung eine Neuanschaffung erforderlich...).


AG WÜRZBURG
05.05.2004
AZ: 12 C 616/04

Eine Beitragsmehrbelastung in der Haftpflicht- und Teilkaskoversicherung, die im Falle eines Totalschadens bei Zulassung eines identischen Ersatzfahrzeuges entsteht, ist ein zu ersetzender Folgeschaden aus dem Unfallereignis.

Aus den Gründen: (...Eine Rückstufung ist ein Folgeschaden aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall.
Er ist auch mittelbar, jedoch gleichfalls auf das schädigende Ereignis zurückzuführen.
Ein adäquater Ursachenzusammenhang mit diesem schädigenden Ereignis ist auch zu bejahen.
Zwischen beiden Parteien ist unstreitig, dass bei Abschluss eines Versicherungsneuvertrages bei identischem Fahrzeug die Änderung der Wagnisprognose zu höheren Beiträgen führt.
Höhere Versicherungsprämien, die durch das schädigende Ereignis verursacht werden, gehören grundsätzlich zu dem zu ersetzenden Schaden, selbst dann, wenn der mittelbare Schaden erheblich grösser ist als der unmittelbare...).

 

 

AG KÖLN
10.06.2003
AZ: 264 C 376/02

1.) Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist uneingeschränkt zur Abwicklung des Schadens des Versicherungsnehmers (VN) bevollmächtigt.

2.) Der VN hat kein Weisungsrecht gegenüber dem Versicherer und ist auch nicht befugt, ihm die Abwicklung des Schadens zu verbieten.

3.) Der Versicherer muss jedoch bei der Regulierung auch die Interessen des VN beachten, insbesondere hat er die Pflicht, diesen vor einem Verlust des Schadensfreiheitsrabattes zu schützen.

4.) Ist der geltend gemachte Schaden offensichtlich unbegründet und reguliert die Versicherung diesen Schaden dennoch, verstösst sie gegen ihre Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des VN.

5.) Der massgebliche Zeitpunkt für die Feststellung dieses Umstandes ist der Tag der Entscheidung.

Aus den Gründen: (...Wenn der Beklagte bei dieser Sachlage in die Regulierung eingetreten ist, so ist dies auch dann nicht zu beanstanden, wenn sich die Tochter des Klägers später anders eingelassen hat...).

 

 

BGH
29.04.2003
AZ: VI ZR 398/02

Der Geschädigte, der fiktive Reparaturkosten abrechnet, darf der Schadensberechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen.
Der abstrakte Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken- und freien Fachwerkstätten einer Region repräsentiert als statistisch ermittelte Rechengrösse nicht den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag.

Aus den Gründen: (...Nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil haben die Beklagten weder bestritten, dass die vom Sachverständigen angesetzten Stundenverrechnungssätze bei einer Reparatur in einer Vertragswerkstatt tatsächlich anfielen, noch haben sie gravierende Mängel des Sachverständigengutachtens gerügt.
Unter diesen Umständen muss sich die Klägerin auf die abstrakte Möglichkeit der technisch ordnungsgemässen Reparatur in irgendeiner kostengünstigeren Fremdwerkstatt auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht verweisen lassen...).


BGH
29.04.2003
AZ: VI ZR 393/02

Der Geschädigte kann zum Ausgleich des durch einen Unfall verursachten Fahrzeugschadens die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts ohne Abzug des Restwerts verlangen, wenn er das Fahrzeug tatsächlich reparieren lässt und weiter nutzt.
Die Qualität der Reparatur spielt jedenfalls so lange keine Rolle, als die geschätzten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen.

Aus den Gründen: (...Wird der Pkw vom Geschädigten tatsächlich repariert und weiter genutzt, so stellt sich der Restwert lediglich als hypothetischer Rechnungsposten dar, den der Geschädigte nicht realisiert und der sich daher in der Schadensbilanz nicht niederschlagen darf.
Erst die Unverhältnismässigkeit bildet bei einer möglichen Naturalrestitution die Grenze, ab welcher der Ersatzanspruch des Geschädigten sich nicht mehr auf die Herstellung, sondern allein auf den Wertausgleich des Verlustes in der Vermögensbilanz richtet...).

 

LG BRAUNSCHWEIG
19.02.2003
AZ: 2 S 592/02 027

Bei der fiktiven Schadensabrechnung ist vom Wiederbeschaffungswert der Restwert abzuziehen, wird das Unfallfahrzeug tatsächlich repariert, unterbleibt der Abzug.

Aus den Gründen: (...Nach dem BGH unterbleibt eine Kürzung des Wiederbeschaffungswertes um den Restwert nur, wenn eine Reparatur tatsächlich durchgeführt wurde.
Es gibt keine Veranlassung von dieser Rechtsprechung in den Fällen abzuweichen, in denen der Geschädigte sein Fahrzeug ohne Reparatur weiter benutzt.
Es ist kein Grund zu erkennen, warum die Weiterbenutzung gegenüber dem sofortigen Verkauf im Rahmen des § 249 BGB honoriert werden sollte.
Anders als bei einer tatsächlichen Reparatur lässt sich nämlich nicht überprüfen, ob der Geschädigte nach der Feststellung, er benutze sein Fahrzeug weiter, dieses kurz darauf ohne relevanten Wertverlust doch noch unrepariert verkauft...).

 

LG AACHEN
16.10.2002
AZ: 7 S 144/02

Eine Schadensabrechnung kann auf Reparaturkostenbasis erfolgen, wenn diese Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen und das Fahrzeug durch die Reparatur in einen verkehrstüchtigen Zustand versetzt wurde.

Aus den Gründen: (...Da die Reparaturkosten mit 5.719,74 DM den Wiederbeschaffungswert von jedenfalls 6.000,-- DM nicht überschreiten, kann der Kläger auf Reparaturkostenbasis abrechnen, da er das Fahrzeug in einen verkehrstüchtigen Zustand versetzt hat.
Dieser von der bisher überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung abweichenden Meinung schliesst sich die Kammer an.
Auf die Höhe des Restwertes kommt es dabei nicht an.
Dieser wird vielmehr erst bedeutsam, wenn wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt und die Reparatur unterbleibt.
Dann muss der Geschädigte den wirtschaftlich günstigsten Weg wählen.
Die Reparatur ist erst unterblieben, wenn das Fahrzeug nicht verkehrstüchtig gemacht ist...).

 

 

OLG FRANKFURT AM MAIN
11.10.2002
AZ: 8 U 82/02

1.) Bei Durchführung der Reparatur ist der Restwert für den Wiederbeschaffungsaufwand nicht zu berücksichtigen.

2.) Der Geschädigte hat von sich aus kein Angebot von Sondermärkten zu beschaffen, ein solches vom Versicherer aber anzunehmen.

Aus den Gründen: (...Bei tatsächlicher Durchführung der Reparatur kann der Restwert des Fahrzeugs bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung aus Praktikabilitätsgründen vernachlässigt werden.
Denn die Reparaturkosten werden in der Regel ohnehin die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert ausmachen.
Auf eine praktisch oft schwierige Bestimmung des Restwerts kann deshalb zur Vereinfachung des Schadensabwicklung verzichtet werden.
Der Geschädigte ist zwar in der Regel nicht gehalten, Angebote spezialisierter Restwertkäufer einzuholen.
Er verstösst jedoch gegen die Schadensminderungsobliegenheit, wenn er ein bindendes und zumutbares Angebot eines solchen Restwertkäufers ablehnt...).


OLG DÜSSELDORF
27.11.2000
AZ: 1 U 2/00

Liegen die geschätzten Reparaturkosten einschliesslich Wertminderung unter dem Wiederbeschaffungswert, darf der Geschädigte seinen Fahrzeugschaden auch dann auf der Basis fiktiver Reparaturkosten abrechnen, wenn der Schädiger bei einer Ersatzbeschaffung unter Verwertung des Unfallwagens finanziell weniger belastet würde.
Voraussetzung ist, dass der Geschädigte sein Kfz behält und weiterbenutzt.
Für die Frage, ob auf der Seite der Ersatzbeschaffung der Restwert anzurechnen ist, kommt es nicht darauf an, ob die Reparatur nach den Vorgaben des Schadensgutachtens ausgeführt wurde.

Aus den Gründen: (...Es ist allgemein anerkannt, dass dem Geschädigten bei der Beschädigung eines Kfz zumeist zwei Wege der Naturalrestitution offenstehen, nämlich die Reparatur des Unfallwagens und die Anschaffung eines (gleichwertigen) Ersatzwagens.
Bei einem gebrauchten Serien-Kfz ist auch die Ersatzbeschaffung ein Weg, den früheren Zustand, zumindest wirtschaftlich, wiederherzustellen...).

 

 

 

130 % Regelung / Opfergrenze

 

 

BGH
15.02.2005
AZ: VI ZR 70/04

Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs kann nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat.

Aus den Gründen: (...Auch eine Eigenreparatur kann eine Abrechnung auf der Basis fiktiver Reparaturkosten bis zu 130% des Wiederbeschaffungswertes rechtfertigen, wenn der Geschädigte mit ihr sein Integritätsinteresse bekundet hat.
Das aber ist nur der Fall, wenn er durch eine fachgerechte Reparatur zum Ausdruck bringt, dass er das Fahrzeug in einen Zustand wie vor dem Unfall versetzen will.
Setzt jedoch der Geschädigte nach einem Unfall sein Kfz nicht vollständig und fachgerecht instand, ist regelmäßig die Erstattung von Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert nicht gerechtfertigt. Im Hinblick auf den Wert der Sache wäre eine solche Art der Wiederherstellung im Allgemeinen unverhältnismäßig...).


BGH
15.02.2005
AZ: VI ZR 172/04

Übersteigt der Kraftfahrzeugschaden den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs, können dem Geschädigten Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungsaufwand des Fahrzeugs liegen, grundsätzlich nur dann zuerkannt werden, wenn diese Reparaturkosten konkret angefallen sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmässig in einem Umfang repariert hat, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt.
Anderenfalls ist die Höhe des Ersatzanspruchs auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt.

Aus den Gründen: (...Allerdings kann ein solcher Integritätszuschlag bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs nur verlangt werden, wenn die Reparaturen fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt werden, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat.
Entspricht die Reparatur diesen Anforderungen nicht, kann eine fiktive Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Gutachtens nur bis zur Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes erfolgen...).


LG DRESDEN
30.06.2005
AZ: 07 S 139/05

1.) Die Anwendung der 130%-Grenze ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die durch den Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten doppelt so hoch anzusetzen sind wie der Wiederbeschaffungswert, wenn der Geschädigte darlegen kann, dass er im Rahmen dieser Grenze mit Hilfe von gebrauchten Ersatzteilen das Fahrzeug ordnungsgemäss reparieren hat lassen.

2.) Eine strikte Anwendung der 130%-Regelung erscheint nicht angezeigt.
Sind die Reparaturkosten geringfügig höher, kann der Geschädigte dennoch auf Basis der 130%-Rechtsprechung abrechnen.

Aus den Gründen: (...Der Klägerin steht aus dem Unfall vom 27.03.2004 noch ein Anspruch auf Ersatz restlicher Reparaturkosten in ausgeurteilter Höhe zu.
Die Entscheidung beruht und steht in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH.
Die Kammer ist der Auffassung, dass auch bei Verwendung von Gebrauchtteilen eine fachgerechte Reparatur vorliegt.
Es schadet nicht, wenn die 130%-Grenze wie hier um einen Bagatellbetrag überschritten wird...).


LG HANNOVER
4.01.2005
AZ: 17 O 202/04

Eine Reparatur ist nur dann wirtschaftlich und damit ersatzfähig, wenn die Kosten hierfür maximal 130% des Wiederbeschaffungswertes
des Unfallfahrzeuges betragen.

Aus den Gründen: (...Die Ansprüche wären nur dann begründet, wenn die Beklagte bei dem niedrigeren Wiederbeschaffungswert auf der Basis der Reparaturkosten abrechnen dürfte.
Allein die Wiederbeschaffungskosten mit 10.650,-- Euro erhöht um 30% ergeben 13.845,-- Euro.
Demgegenüber sind die Reparaturkosten und der verbleibende Minderwert höher, sie betragen 10.697,70 Euro + 2.000,-- Euro + 1.508,-- Euro Abschleppkosten.
Denn diese Abschleppkosten sind nur für die Reparatur notwendig.
Die weiteren Abschleppkosten, die ohnehin mit 812,35 Euro abzurechnen sind, bleiben ausser Ansatz.
Es handelt sich nach allem, wie es auch schon das Ingenieurbüro in dem Gutachten festgestellt hat, um einen Fall, bei dem eine Reparatur nicht empfohlen wird.
Sie ist, weil die 130%-Grenze überschritten ist, nicht wirtschaftlich...).

 


OLG Celle
09.12.2004
AZ: 14 U 136/04

Den Integritätszuschlag von bis zu 130 % der Wiederbeschaffungskosten eines verunfallten KFZ kann nicht beanspruchen, wer sein Fahrzeug nur billig und notdürftig mit u. a. erheblichen Spachtelarbeiten repariert.
Das fehlende (und dadurch sogar widerlegte) Integritätsinteresse wird auch nicht durch eine spätere fachgerechte Reparatur dokumentiert, die durch einen anschließenden zweiten Unfall erforderlich geworden ist.

 

LG ESSEN
20.01.2004
AZ: 3 O 495/02

1.) Repariert der Geschädigte sein Fahrzeug selbst, weil er ein Interesse an der Wiederherstellung hat, ist die Höhe des ersatzfähigen Schadens max. mit 130% des Wiederbeschaffungswertes zu berechnen.

2.) Dies gilt jedoch nicht, wenn das Fahrzeug nur unzureichend repariert und lediglich in einen fahrbereiten Zustand versetzt wurde.

Aus den Gründen: (...Grundsätzlich hat der Geschädigte die wirtschaftlich günstigere Variante zu wählen. Eine Ausnahme gilt in den Fällen, in denen der Geschädigte ein besonderes Interesse an der Wiederherstellung seines Fahrzeugs hat, dann können die Kosten für die Reparatur ersetzt werden. Als Obergrenze gelten 130% des Wiederbeschaffungswertes.
Der Kläger kann die Kosten nicht ersetzt verlangen. Er hat nicht nachweisen können, dass der entstandene Schaden auf die im Gutachten vorgesehene Art und Weise voll beseitigt worden ist und dass die Reparatur sach- und fachgerecht durchgeführt worden ist, dies wäre aber Voraussetzung für den vollen Ersatz...).


AG HAMM
25.11.2003
AZ: 27 C 352/03

Liegen die geschätzten Reparaturkosten des durch einen Unfall beschädigten Fahrzeuges erheblich über der 130%-Grenze des Wiederbeschaffungswertes und lässt der Geschädigte den Unfallwagen nur zum Teil reparieren, so dass dieser verkehrstauglich ist und nutzt diesen weiter, so ist der Versicherer nicht berechtigt einen Restwertabzug bei der Schadensregulierung eigenständig vorzunehmen.

 


LG CHEMNITZ
10.03.2003
AZ: 6 S 4487/02

Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug nicht vollständig den entsprechend dem Sachverständigengutachten für erforderlich gehaltenen Reparaturen instandsetzen, um so die 130%-Grenze des Integritätszuschlages nicht zu überschreiten, so kann er letztlich nur auf Totalschadenbasis abrechnen.

Aus den Gründen: (...Der Kläger hat erkennbar vor dem Hintergrund, Mehrkosten gegenüber der zahlungspflichtigen Versicherung abrechnen zu können, als ihm auf Totalschadenbasis zustehen würde, einen Teil der Reparatur nicht in dem Umfang ausführen lassen, wie dies erforderlich gewesen wäre. Wenn jedoch der Geschädigte allein deshalb, weil er einen Teil der Arbeiten nicht oder nicht sachgerecht ausführen lässt, die Grenze des Integritätszuschlages von 130% nicht überschreitet, andererseits jedoch bei sach- und fachgerechter Ausführung der vom Gutachter für erforderlich gehaltenen Arbeiten diese Grenze überschritten hätte, so kann dem Geschädigten ein über die Abrechnung aus Totalschadenbasis hinausgehender Schadensersatzanspruch nicht zugesprochen werden...).

 

LG CHEMNITZ
10.03.2003
AZ: 6 S 4487/02

Die Abrechnung eines Unfallschadens auf Reparaturkostenbasis über dem Wiederbeschaffungswert darf nur dann erfolgen, wenn durch die fachgerechte Reparatur sämtliche Schäden beseitigt wurden.

Aus den Gründen: (...Der Kläger hat erkennbar vor dem Hintergrund, Mehrkosten gegenüber der zahlungspflichtigen Versicherung abrechnen zu können, als ihm auf Totalschadenbasis zustehen würde, einen Teil der Reparatur nicht in dem Umfang ausführen lassen, wie dies erforderlich gewesen wäre.
Wenn jedoch der Geschädigte allein deshalb, weil er einen Teil der Arbeiten nicht oder nicht sachgerecht ausführen lässt, die Grenze des Integritätszuschlages von 130% nicht überschreitet, andererseits jedoch bei sach- und fachgerechter Ausführung der vom Gutachter für erforderlich gehaltenen Arbeiten diese Grenze überschritten hätte, so kann dem Geschädigten ein über die Abrechnung aus Totalschadenbasis hinausgehender Schadensersatzanspruch nicht zugesprochen werden...).

 


OLG DÜSSELDORF
30.09.2002
AZ: 1 U 81/01

1.) Ergibt ein Sachverständigengutachten, dass der Aufwand für eine Reparatur eines Fahrzeuges über 130% des Wiederbeschaffungswertes liegt, kann nur die Zahlung des Wiederbeschaffungswertes verlangt werden.

2.) Liegen die Reparaturkosten über 130%, können die 130% nicht vom Schädiger verlangt werden und die darüber liegenden Kosten vom Geschädigten selbst übernommen werden, da eine solche Reparatur wirtschaftlich unvernünftig ist.

3.) Dies ist auch dann der Fall, wenn eine Eigenreparatur vorliegt.

Aus den Gründen: (...Vom Schädiger kann der Geschädigte nur den Betrag verlangen, den dieser unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten zu zahlen verpflichtet ist. Eine Aufspaltung in einen selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil und in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil ist im vorliegenden Fall um so weniger geboten, als der Kläger sein Fahrzeug im Wege der Selbstreparatur instand gesetzt hat...).


LG BERLIN
12.09.2002
AZ: 58 S 579/01

Übersteigt der Reparaturaufwand den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts, so kann eine fiktive Schadensabrechnung bis zu einer Grenze von 130% erfolgen, wenn das Fahrzeug komplett und fachmännisch repariert wurde.

Aus den Gründen: (...Für den Nachweis des Integritätsinteresses genügt die blosse Weiterbenutzung des beschädigten Fahrzeugs nicht. Zwar darf ein Unfallgeschädigter zur Wahrung seines Integritätsinteresses das verunfallte Fahrzeug auch dann reparieren lassen, wenn der Reparaturaufwand höher als der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts ist. Voraussetzung ist aber, dass der fiktive Reparaturaufwand den Wiederbeschaffungswert nicht um 130% übersteigt und das Fahrzeug tatsächlich - wie vom Sachverständigen vorgesehen - vollständig und sachgemäss repariert wird. Ist die Reparatur nur unvollständig und/oder unter Verwendung gebrauchter Ersatzteile durchgeführt worden, ist das Integritätsinteresse des Geschädigten nicht dargetan...).

 

AG HOF
02.08.2002
AZ: 15 C 804/02

Auch Reparaturkosten, welche die 130%-Grenze übersteigen sind erstattungspflichtig, wenn die Reparaturkosten nach der Prognose des Sachverständigen die 130%-Grenze nicht überschritten hätten.

Aus den Gründen: (...Gemäss dem Sachverständigengutachten belief sich der Wiederbeschaffungswert des beim Unfall beschädigten Pkw des Klägers auf 4.200,-- DM, die 130%-Grenze damit auf 5.460,-- DM.
Die Reparaturkosten wurden auf voraussichtlich 5.316,45 DM geschätzt und damit auf einen Betrag, der unter der 130%-Grenze liegt. Unstreitig wurde der Pkw auch repariert. Dass die letztendlichen Reparaturkosten mit 5.552,29 DM etwas oberhalb der 130%-Grenze lagen, ist unerheblich.
Die Entscheidung des Klägers, ob er reparieren lässt oder nicht, hat der Geschädigte vor der Reparaturdurchführung zu treffen, wobei sich der Geschädigte nur auf die Parameter, die der Sachverständige geschätzt hat, stützen kann. Das Prognoserisiko kann nicht zu Lasten des Geschädigten gehen, dies hat der Kläger zu tragen...).


AG MÜNCHEN
26.07.2002
AZ: 344 C 431/02

Eine in Eigenregie durchgeführte Behelfsreparatur reicht nicht aus, um eine Abrechnung auf Basis der 130%-Grenze zu rechtfertigen.

Aus den Gründen: (...Die 130%-Grenze gilt zwar auch dann, wenn jemand sein Fahrzeug in Eigenregie fachgerecht repariert.
Das sogenannte Integritätsinteresse ist aber nur dann gegeben, wenn der ursprüngliche Zustand des Fahrzeugs wieder voll hergestellt wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Wie der Sachverständige darlegte, war bis auf den Ersatz der Heckstossfängerschale und des Teilersatzes des Heckbleches an keiner Schadensstelle des Pkw des Klägers eine fachgerechte Instandsetzung vorgenommen worden. Die anhand der eingehenden technischen Untersuchung abschätzbaren tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten machen einen Bruchteil des für eine fachgerechte Instandsetzung veranschlagten Kostenaufwandes aus. Die Ersatzforderung des Klägers unter Hinweis, das Fahrzeug sei repariert worden, ist schlichtweg als versuchter Prozessbetrug zu werten...).


AG DARMSTADT
25.07.2002
AZ: 302 C 17/00

Liegen die Reparaturkosten eines Unfallfahrzeugs über den Wiederbeschaffungskosten, können diese im Rahmen des Schadenersatzes nur erstattet werden, wenn die Reparatur tatsächlich sach- und fachgerecht ausgeführt wurde. Das gilt auch dann, wenn die 130%-Grenze nicht überschritten wurde.

Aus den Gründen: (...Nur der hohe Stellenwert des Integritätsinteresses kann es rechtfertigen, dass beim Vergleich von Reparaturaufwand und Wiederbeschaffungskosten der Restwert ausgeklammert wird. Wer dieses besondere Integritätsinteresse nachgewiesen hat, darf ausnahmsweise Reparaturkosten liquidieren, die den Wiederbeschaffungswert um bis zu 30% übersteigen.
Die 130%-Grenze ist nicht schon für denjenigen eröffnet, der sein Unfallfahrzeug nachweislich repariert hat. Das ist nur eine Mindestvoraussetzung. Es kommt auch auf Art, Umfang und Güte der Instandsetzung an. Zur Wahrung des besonderen Integritätsinteresses gehört eine sach- und fachgerecht ausgeführte Reparatur...).

 


OLG FRANKFURT AM MAIN
16.05.2002
AZ: 15 U 123/01

Für die Bestimmung der sogenannten 130%-Grenze bei Instandsetzung eines rechnerisch total beschädigten Fahrzeugs kommt es allein auf die tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten an.

Aus den Gründen: (...Nach ständiger Rechtsprechung kann der Geschädigte, der nach einem Unfall sein Kfz reparieren lässt und damit sein Interesse an dessen Erhalt bekundet, gemäs § 249 S.2 BGB vom Schädiger den zur Instandsetzung erforderlichen Geldbetrag verlangen, sofern sich die Reparaturkosten auf nicht mehr als 130% des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs belaufen.
Bei fachgerechter Instandsetzung des Fahrzeugs durch Reparatur ist für die Bestimmung der 130%-Grenze nicht die Schätzung massgeblich, vielmehr kommt es darauf an, welchen Betrag der Geschädigte tatsächlich für eine fachgerechte Reparatur aufwenden musste. Für einen Anspruch auf den Integritätszuschlag ist aber nicht Voraussetzung, dass die Reparatur allein unter Verwendung von Neuteilen durchgeführt worden ist...).

 

 

OLG DÜSSELDORF
25.04.2001
AZ: 1 U 9/00

1.) Der Integritätszuschlag hängt nicht davon ab, dass das Unfallfahrzeug nach den Richtlinien des Herstellers instandgesetzt wird.
Auch das Schadensgutachten schreibt die Reparaturmethode nicht verbindlich vor.
Ob und inwieweit alternative Verfahren wie eine Reparatur von Gebrauchtteilen genügen, hängt zunächst von der technischen Würdigung des Reparaturergebnisses ab.
Technische und optische Defizite schaden nicht, wenn sie nach umfassender Bewertung der Interessenlage des Geschädigten mit Blick auf den Zustand des Fahrzeuges vor dem Unfall nicht entscheidend ins Gewicht fallen.

2.) Darf der Geschädigte verlässlich erwarten, dass die Kosten einer technisch vertretbaren Reparatur 130% des (ungekürzten) Wiederbeschaffungswertes nicht wesentlich überschreiten, so ist die Erteilung eines Reparaturauftrages nicht schon deshalb wirtschaftlich unvernünftig, weil die Instandsetzungskosten laut Schadensgutachten über der 130%-Grenze liegen.

 

 

OLG DÜSSELDORF
25.04.2001
AZ: 1 U 9/00

1.) Der Integritätszuschlag hängt nicht davon ab, dass das Unfallfahrzeug nach den Richtlinien des Herstellers instandgesetzt wird.
Auch das Schadensgutachten schreibt die Reparaturmethode nicht verbindlich vor.
Ob und inwieweit alternative Verfahren wie eine Reparatur von Gebrauchtteilen genügen, hängt zunächst von der technischen Würdigung des Reparaturergebnisses ab.
Technische und optische Defizite schaden nicht, wenn sie nach umfassender Bewertung der Interessenlage des Geschädigten mit Blick auf den Zustand des Fahrzeuges vor dem Unfall nicht entscheidend ins Gewicht fallen.

2.) Darf der Geschädigte verlässlich erwarten, dass die Kosten einer technisch vertretbaren Reparatur 130% des (ungekürzten) Wiederbeschaffungswertes nicht wesentlich überschreiten, so ist die Erteilung eines Reparaturauftrages nicht schon deshalb wirtschaftlich unvernünftig, weil die Instandsetzungskosten laut Schadensgutachten über der 130%-Grenze liegen.


LG SAARBRÜCKEN
14.01.2001
AZ: 2 S 149/00

Der bei einem Verkehrsunfall an seinem Kfz Geschädigte kann nur dann die bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert liegenden Reparaturkosten vollständig ersetzt verlangen, wenn er die Reparatur tatsächlich und fachgerecht durchführen lässt.

Aus den Gründen: (...Die 130%-Regel ist nicht anwendbar, wenn der Geschädigte fiktiv auf Gutachtenbasis abrechnet, weil in diesem Fall das Integritätsinteresse, auf dessen Wahrung diese Regel abzielt, nicht zu berücksichtigen ist.
Bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes kann auch nur dann der Restwert des beschädigten Kfz unberücksichtigt bleiben, wenn dieses fach- und sachgerecht tatsächlich repariert wird. Wird die Reparatur zwar durchgeführt, jedoch nicht fachgerecht, so handelt es sich lediglich um eine Teil- oder Billigreparatur, bei der kein über den Wiederbeschaffungswert hinausgehender Anspruch besteht. In diesem Fall wurde die Reparatur nämlich zum Teil nicht durchgeführt...).

 

 

LG KARLSRUHE
29.04.1999
AZ: 19 U 268/97

Der Geschädigte, der nach einem Unfall sein Kfz reparieren lässt und damit sein Erhaltungsinteresse bekundet, kann gemäss § 249 S.2 BGB vom Schädiger den zur Instandsetzung erforderlichen Geldbetrag verlangen, sofern sich die Reparaturkosten auf nicht mehr als 130% des Wiederbeschaffungswerts des Fahrzeugs belaufen.

Aus den Gründen: (...Der Anspruch auf eine entsprechende Kostenerstattung auf Basis der Fachwerkstattpreise besteht auch dann, wenn der Geschädigte den Schaden im eigenen Betrieb beheben lässt oder in Eigenregie in einer Werkstatt behebt. Voraussetzung ist indes, dass der Geschädigte durch Reparaturvornahme sein Erhaltungsinteresse nachgewiesen hat, wobei eine nur provisorische bzw. laienhafte Instandsetzung nicht ausreichend ist...).

 

AG SIEGEN
12.01.1999
AZ: 24 C 304/98

Ein Reparaturkostenersatz ist auch dann möglich, wenn die vom Sachverständigen geschätzten Kosten (ohne Restwertabzug) über 130% des Wiederbeschaffungswertes liegen, aber der Geschädigte bei der Reparatur in einer Vertragswerkstatt Gebrauchtteile eines Recycling- Zentrums verwenden lässt und er dadurch in der Lage ist, die tatsächlichen Kosten einer vollständigen und fachgerechten Wiederherstellung auf 100% abzusenken.

Aus den Gründen: (...Es ist sachgerecht und angemessen, den Schaden auf der Grundlage der tatsächlichen Reparaturkostenrechnung zu beziffern.
Denn das Sachverständigengutachten enthält lediglich eine vorläufige Schadensschätzung, die bei feststehendem tatsächlichen Aufwand die Schätzung nach oben und unten korrigieren kann.
Das Wahlrecht des Geschädigten, ob er auf Reparaturkosten- oder Gutachtenbasis abrechnet, reduziert sich auch in diesem Einzelfall auf den genaueren Schadensnachweis...).

 

 

OLG Saarbrücken
04.06.1998
AZ: 3 U 752/97-39

Das Integritätsinteresse des Geschädigten an der Reparatur seines unfallbeschädigten Fahrzeugs rechtfertigt dann keine Überschreitung des Wiederbeschaffungswertes um bis zu 30 %, wenn das Fahrzeug über 29 Monate stillgelegt war, bevor die Reparatur durchgeführt worden ist.

Aus den Gründen: (... Der Geschädigte kann grundsätzlich zwischen Reparatur und Wiederbeschaffung bzw. Ersatzbeschaffung wählen. Dabei geht das Integritätsinteresse dahin, den beschädigten vertrauten Wagen nach einer Reparatur behalten und zukünftig fahren zu können, und nicht auf eine Ersatzbeschaffung angewiesen zu sein. Zur Wahrung des besonderen Integritätsinteresses gehört außer der Vornahme einer fachgerechten Reparatur auch, daß der Geschädigte sein Fahrzeug anschließend zumindest eine Zeitlang behält und weiterbenutzt...).


OLG Düsseldorf
10.01.1997
AZ: 1 U 118/96

Aus den Gründen: (...Allerdings verbietet sich eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis nicht schon deshalb, weil die vom Sachverständigen L. geschätzten Reparaturkosten mit Brutto 23.584,56 DM deutlich über 130% des Wiederbeschaffungswertes von Brutto 12.800 DM liegen.
Die von einem Schadensgutachter lediglich geschätzten Reparaturkosten können, müssen aber nicht notwendigerweise dem erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne von § 249 S 2 BGB entsprechen.
Keineswegs legt das Schätzgutachten den zu beanspruchenden Schadenersatz für die Reparatur bindend fest.
Auch bei dem zur Feststellung der Wirtschaftlichkeit gebotenen Vergleich von Instandsetzungs- und Wiederbeschaffungsaufwand kommt es bei der Alternative "Reparatur" auf den erforderlichen Aufwand an.
Um diesen Betrag zu bestimmen und so die richtige Vergleichsgröße zu gewinnen, darf ein Geschädigter sich in aller Regel auf die Kostenkalkulation eines anerkannten Kfz-Sachverständigen verlassen.
Stellt sich nach der Reparatur heraus, daß die wirtschaftlichen Kosten niedriger als die geschätzten sind, so entfällt die Befugnis des Geschädigten, auf Reparaturkostenbasis abzurechnen nicht schon deshalb, weil die höheren Kosten laut Gutachten oberhalb der 130% Grenze liegen...).

 


BGH
17.03.1992
AZ: VI ZR 226/91

1.) Hat der Geschädigte nach einem Unfall sein Fahrzeug in eigener Regie wieder instand gesetzt und dadurch sein Integritätsinteresse bekundet, so kann er vom Schädiger die für eine Reparatur in einer Kundendienstwerkstatt erforderlichen Kosten verlangen, falls diese 130% des Wiederbeschaffungswertes für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug nicht übersteigen.

2.) Halten sich bei tatsächlicher Reparatur die vom Geschädigten auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens geltend gemachten Instandsetzungskosten in diesem Rahmen, so kann der Geschädigte sie beanspruchen, ohne ihre Entstehung im einzelnen belegen zu müssen.

 

 

BGH
15.10.1991
AZ: VI ZR 314/90

1.) Bei Beschädigung eines Kfz ist auch die Beschaffung eines (gleichwertigen) Ersatzfahrzeugs eine Form der Naturalrestitution.

2.) Der Geschädigte muss bei der Frage, ob er sein Kfz reparieren lassen, oder sich ein Ersatzfahrzeug anschaffen soll, die Reparaturkosten (inklusive eines etwaigen Minderwerts) mit den Wiederbeschaffungskosten vergleichen.
Dabei scheint es vertretbar, bei der Ersatzbeschaffung den Restwert des Kfz ausser Betracht zu lassen und allein auf den Wiederbeschaffungswert abzustellen.

3.) Der Geschädigte darf für die Reparatur Kosten aufwenden, die einschliesslich des etwaigen Minderwerts den Wiederbeschaffungswert bis zu einer "Opfergrenze" von 130% übersteigen.

4.) Der Vergleich von Reparaturaufwand und Wiederbeschaffungswert verliert seine Bedeutung für die Berechtigung der Reparatur, wenn die Mietwagenkosten bei Reparatur und bei Ersatzbeschaffung in krassem Missverhältnis stehen.

5.) Wählt der Geschädigte den Weg der Schadensbehebung mit dem vermeintlich geringeren Aufwand, so geht ein von ihm nicht verschuldetes Werkstatt- oder Prognoserisiko zu Lasten des Schädigers.


BGH
15.10.1991
AZ: VI ZR 67/91

1.) Im Falle eines sog. wirtschaftlichen Totalschadens eines Kfz besteht ein Herstellungsanspruch aus § 249 S.2 BGB, wenn die Instandsetzung wirtschaftlich vernünftig ist. Übersteigen die voraussichtlichen Kosten der Reparatur den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30%, ist in der Regel von einer Unwirtschaftlichkeit auszugehen.

2.) Bei dennoch durchgeführter Reparatur sind nur die Wiederbeschaffungskosten erstattungsfähig, eine Aufteilung in einen vom Schädiger zu ersetzenden, vernünftigen Teil und einen wirtschaftlich unvernünftigen Selbstkostenanteil des Geschädigten ist nicht zulässig.

Aus den Gründen: (...Für ein Recht des Geschädigten auf anteiligen Ersatz unwirtschaftlicher Reparaturkosten spricht nicht das Argument der Manipulationsgefahr, da es im Rahmen der Vergleichsbetrachtung allein auf den erforderlichen, d.h. nach objektiven Kriterien zu beurteilenden und leicht nachprüfbaren Reparaturaufwand ankommt...).

 

 

 

Allgemeines Sachverständigenwesen

 

BGH
06.02.1997
AZ: 1 ZR 234/94

Die Bezeichnung Sachverständiger ist zwar gesetzlich nicht geschützt, dennoch kann ein Verstoss gegen das UWG vorliegen.
Denn fällt die Führung von Berufsbezeichnungen auch generell unter den verfassungsrechtlich geschützten Bereich der freien Berufsausübung, kann dieser durch das wettbewerbsrechtliche Verbot der irreführenden Werbung (§3 UWG) beschränkt werden.
So weckt die Bezeichnung "Kfz-Sachverständiger" und "Kfz-Unfallschäden und Fahrzeugbewertung" die Erwartung, dass er über ein uneingeschränkt fundiertes Fachwissen verfügt, welches er sich nicht autodidaktisch, sondern nachprüfbar durch eine entsprechende Berufsausbildung angeeignet hat.
Wird jedoch ein vergleichbarer Kenntnis- und Erfahrungsstand erlangt, kann ein Verbot der Berufsbezeichnung "Sachverständiger" im Einzelfall unverhältnismässig sein, da eine relevante Irreführung ausscheidet.

Dabei kann die erforderliche Kenntnis auch durch Selbstunterricht erlangt werden.

 

Irreführende Werbung durch Verwendung der
Bezeichnung "Sachverständiger"


OLG HAMM
13.05.1997
AZ: 4 U 259/96

1.) Wer Leistungen von Sachverständigen in Anspruch nimmt, erwartet eine qualifizierte Ausbildung und eine längere Tätigkeit auf dem jeweiligen Gebiet, woraus sich ergibt, dass ausreichend Erfahrungen vorhanden sind, die auf überdurchschnittliche Sachkunde hinweisen.

2.) Bei der Beurteilung dieser Sachkunde ist auf den beruflichen Werdegang des sich als Sachverständiger Bezeichnenden abzustellen.
Jedoch genügen weder übliche Erfahrungen einer durchschnittlichen Berufsausübung noch eine umfangreiche beanstandungsfreie Gutachtertätigkeit.

3.) Eine "Irreführung" i.S.d. § 3 UWG liegt in der Bezeichnung "Sachverständigenbüro für Kfz S.. und Partner" dann, wenn die namentlich herausgestellte Person nicht über die Qualifikation als Sachverständiger verfügt und das Büro nicht mehrere Sachverständige hat.

4.) Wird die Verwendung der Bezeichnung "Sachverständigenbüro" wegen fehlender Qualifikation untersagt, so liegt darin kein unzulässiger Eingriff in die freie Berufsausübung.

 


Qualitätsmerkmale eines Kfz-Sachverständigen

 

OLG MÜNCHEN
21.01.1999
AZ: 6 U 5415/97

1.) Das Publikum erwartet von demjenigen, der sich als Kfz-Sachverständiger anbietet, dass er jedenfalls die für die ordnungsgemässe Erstattung von Kfz-Schadens- und Kfz-Bewertungs-Gutachten erforderliche Sachkunde hat, die der eigenen überlegen ist.

2.) Auch von einem schlichten Sachverständigen kann uneingeschränkt fundiertes Fach- und Erfahrungswissen verlangt werden.
Dieses kann auch durch Selbstunterricht erlangt werden.

3.) Hinsichtlich des Nachweises ausreichender Ausbildung und Kenntniserlangung obliegt demjenigen, der sich dafür anbietet, die Darlegungslast.

Aus den Gründen: (...Ein Qualitätsmerkmal einer abgelegten Meisterprüfung oder einer ähnlichen Fortbildung wird von einem Sachverständigen nicht erwartet.
Die Tatsache der beanstandungsfreien Erstellung zahlreicher Gutachten besagt als solche nicht viel, denn beanstandungsfrei kann auch etwas bleiben, was falsch ist...).
Restwert bei Weiternutzung eines Totalschadens

Keine Nutzungsverpflichtung für weitere sechs Monate
Nutzt der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall mit Totalschaden sein verkehrssicheres und betriebsbereites Kfz weiter, so kann er grundsätzlich den vom Sachverständigen ermittelten Restwert in Ansatz bringen. Ein höheres konkretes Restwertangebot der Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers ist unbeachtlich. Der Geschädigte kann durch ein entsprechend hohes Angebot nicht gezwungen werden, entgegen seiner sonstigen Absicht sein Fahrzeug zu veräußern. So urteilte das Amtsgericht (AG) Pfaffenhofen a. d. Ilm am 18.03.2010 (AZ: 2 C 803/09).
Das Gericht hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem der Kläger unverschuldet einen Kfz-Haftpflichtschaden erlitt. Nach dem Unfall beauftragte er ein Sachverständigenbüro, welches einen Wiederbeschaffungswert des verunfallten Fahrzeuges in Höhe von 4.650 Euro brutto und einen Restwert in Höhe von 800 Euro (mehrwertsteuerneutral) ermittelte.
Die voraussichtlichen Bruttoreparaturkosten lagen bei 6.396,58 Euro, so dass ein eindeutiger Totalschaden des Kfz vorlag. Das beauftragte Sachverständigenbüro ermittelte völlig zutreffend den Restwert des verunfallten Fahrzeuges anhand des regionalen allgemeinen Fahrzeugmarktes.
Der Geschädigte und Kläger nutzte sein verunfalltes Auto, nachdem er es durch eine Notreparatur in einen verkehrssicheren und betriebsbereiten Zustand versetzen ließ, weiter. Der Unfall ereignete sich am 25.03.2009. Anfang August 2009 verwertete der Kläger sein verunfalltes Fahrzeug nach Weiternutzung, wobei er vor Gericht offen ließ, zu welchen Konditionen.
Bereits vor Verwertung des Fahrzeuges wandte die unfallgegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung ein konkretes Restwertangebot in Höhe von 1.620 Euro ein, regulierte somit den Totalschaden lediglich in Höhe von 4.650 Euro abzüglich 1.620 Euro, mithin 3.030 Euro. Es ergab sich eine Differenz in Höhe von 820 Euro, welche dem Kläger fehlte.Die unfallgegnerische Versicherung vertrat außergerichtlich sowie auch gerichtlich die Ansicht, der Geschädigte sei verpflichtet, sich einen konkret erzielten höheren Restwert bei dieser Abrechnungsvariante anrechnen zu lassen. Sofern der Geschädigte den konkret erzielten möglicherweise höheren Restwert vor Gericht nicht mitteile, sei die Klage bereits unschlüssig und bereits aus diesem Grunde abzuweisen. Zumindest müsse sich der Kläger auf seinen Anspruch den von der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung benannten konkreten Restwert in Höhe von 1.620 Euro anrechnen lassen. Das Amtsgericht Pfaffenhofen a. d. Ilm sah dies allerdings anders. Der Kläger müsse sich gerade nicht den von der Beklagten konkret entgegen gehaltenen Restwert in Höhe von 1.620 Euro anrechnen lassen.
Dem Kläger müsse es im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit überlassen bleiben, an dem Unfallwagen - wie im vorliegenden Fall - eine Notreparatur durchzuführen und das Fahrzeug jedenfalls nicht sofort zu veräußern.
Der Kläger könne also nicht durch ein „hohes" Angebot für den Aufkauf des Fahrzeuges dazu gezwungen werden, entgegen seiner sonstigen Absicht das Fahrzeug, auch wenn an ihm wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten ist, zu veräußern.
Dabei sei es ohne Bedeutung, wann der Kläger nach der Notreparatur das Unfallfahrzeug verkaufe und zu welchem Preis dies geschieht. Maßgeblich sei alleine der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges abzüglich Restwert laut Gutachten.
Die Entscheidung des Amtsgerichts enthält eine für die Praxis wichtige Aussage. Der Geschädigte eines Kfz, welches Totalschaden erlitten hat, kann keinesfalls dazu gezwungen werden, sein Fahrzeug zu Bedingungen, welche die unfallgegnerische Versicherung vorgibt, zu veräußern.
Nutzt er das Fahrzeug in einem betriebsbereiten und verkehrssicheren Zustand weiter, so kann er grundsätzlich auf Totalschadensbasis abrechnen und dabei einen Restwert ansetzen, welchen der Gutachter auf dem regionalen allgemeinen Markt ermittelt hat.
Oftmals wird in diesem Zusammenhang, wie auch im konkreten Fall geschehen, von Seiten der Versicherung behauptet, es müsse eine Weiternutzung von mindestens sechs Monaten stattfinden. Dabei wird sich auf Entscheidungen des BGH gestützt, welche mit der konkreten Fallvariante allerdings nichts zu tun habe. Der BGH entschied eine sechsmonatige Weiternutzungspflicht im Zusammenhang mit der Abrechnung fiktiver Reparaturkosten, welche oberhalb des Wiederbeschaffungsaufwandes (Wiederbeschaffungswert - Restwert), allerdings unterhalb des Wiederbeschaffungswertes lagen.
In diesem Fall solle der Geschädigte am Schadensereignis nichts verdienen. Mache der Geschädigte hier fiktive Reparaturkosten geltend und veräußere sein Fahrzeug gleichzeitig nach dem Unfall, so erhalte er zum einen den fiktiven Reparaturschaden, erziele sodann allerdings unter Umständen auch noch den Restwert des Fahrzeuges. Es besteht somit die Gefahr, dass der Geschädigte nach dem Unfall besser stünde als vorher. Dieser widerspricht allerdings den schadensersatzrechtlichen Grundsätzen. Für diesen Fall forderte der BGH eine Weiternutzung von sechs Monaten (BGH, Entscheidung vom 23.05.2006, VI ZR 192/05).
Sodann entschied der BGH auch für den Fall, dass die fiktiven Reparaturkosten bis zu 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert liegen, dass der Geschädigte bei Weiternutzung seines Fahrzeuges von sechs Monaten berechtigt ist, diese fiktiven Reparaturkosten in Ansatz zu bringen. In diesem Fall muss allerdings das Fahrzeug vollständig repariert werden (BGH, Entscheidung vom 27.11.2007, VI ZR 56/07).
Auch bei dieser Variante bestand die Gefahr, dass der Geschädigte durch das Schadensereignis bereichert würde. Er könnte zum einen die fiktiven Reparaturkosten bis zur 130-Prozent-Grenze als Schadensersatz einfordern und darüber hinaus einen Restwert erzielen. Um diese Bereicherungsmöglichkeit des Geschädigten auszuschließen, forderte der BGH die Weiternutzung von sechs Monaten.
Der konkrete Fall, welchen das Amtsgericht Pfaffenhofen a. d. Ilm zu entscheiden hatte, ist allerdings gänzlich anders gelagert. Zum einen macht der Geschädigte nicht fiktive Reparaturkosten geltend, sondern rechnet von Anfang an auf Totalschadensbasis ab. Die Gefahr der Bereichung des Geschädigten dadurch, dass er zum einen fiktive Reparaturkosten erhält, zum anderen auch einen Restwert erlöst, ist gerade nicht gegeben. Eine Weiternutzungsverpflichtung des Geschädigten für sechs Monate besteht also im konkreten Fall nicht.
Wichtig ist in der Praxis auch gegenüber der Versicherung zu betonen, dass der Geschädigte weder gezwungen werden kann, ein konkretes Restwertangebot der gegnerischen Versicherung anzunehmen, sofern er das Fahrzeug für einen bestimmten Zeitraum weiternutzt, noch verpflichtet ist, bei späterem Weiterverkauf des Fahrzeuges den erzielten Erlös mitzuteilen. Mit dem ursprünglichen Schaden hat dies nichts mehr zu tun. Dieser ist von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung vollständig zu regulieren.


Sittenverstoss eines Kfz-Haftpflichtversicherers

 

OLG KÖLN
16.10.1998
AZ: 6 U 38/98

1.) Wendet sich ein Versicherer an Anspruchsteller, die u.a. Erstattung von Sachverständigenkosten geltend machen, mit einem auf "Textbausteinen" beruhenden formularmässigen Schreiben und werden hierin unter Bezugnahme auf die Rechnung des vom Anspruchsteller herangezogenen Sachverständigen Bedenken gegen dessen Abrechnung erhoben und zugleich auf für angemessen gehaltene tabellarische Honorierungssätze bestimmter Sachverständigen-Organisationen verwiesen, liegt hierin ein Handeln des Versicherers im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs.

2.) Es verstösst gegen die guten Sitten im Wettbewerb in Form kritisierender Herabsetzung, wenn ein Versicherer ohne konkreten Sachverhaltsbezug in Schreiben an Anspruchsteller unter Bezugnahme auf den von diesen eingeschalteten Sachverständigen äussert, die von ihm für gerechtfertigt gehaltenen Ansprüche des SV richteten sich nach "Erhebungen bei SV-Organisationen und dem grössten Berufsverband" sowie "der beiliegenden Tabelle".....

 


Sachverständigenauftrag

 

AG SAARBRÜCKEN
29.03.2004
AZ: 37 C 760/03

1.) Im Rahmen eines Sachverständigengutachtens ist bei einer blossen Schadensbegutachtung eine gesonderte Plausibilitätsprüfung nicht zu erwarten und mangels weiterer Informationen wie beispielsweise Anstossstellen, Bremsspuren oder Geschwindigkeiten auch nicht durchführbar.

2.) Eine überraschende Klausel in den AGB eines Sachverständigen ist nicht anzunehmen, wenn hiernach hinsichtlich der Höhe der Vergütung Pauschalsätze angesetzt werden.
Hierbei ist es zulässig, die Pauschalsätze von der Schadenshöhe abhängig zu machen.

Aus den Gründen: (...Bei einer Beauftragung des Sachverständigen ohne die Vereinbarung von Pauschalsätzen wäre ebenfalls nicht vorhersehbar, welcher Zeitaufwand und gegebenenfalls auch Materialkosten für die Begutachtung des Fahrzeuges erforderlich sein werden.
Auch in diesen Fällen kann ebenso wie bei einer Vergütung abhängig von der Schadenshöhe nur grob geschätzt werden, welche Kosten anfallen werden...).

 


Sachverständigenhonorar

 

BVERFG
26.05.2004
AZ: 1 BVR 2682/03


1.) Rechnet ein Sachverständiger nicht nach Stundenzahl ab, sondern nach der Höhe des Unfallschadens, so kann das erstinstanzliche Gericht entgegen der örtlichen Urteilspraxis den Ersatz der Gutachterkosten nur verweigern, wenn es gleichzeitig die Berufung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässt.

2.) Weicht die Entscheidung davon ab, ist das Willkürverbot verletzt.

Aus den Gründen: (...Hier hat das Amtsgericht mit der Frage nach den Anforderungen an die Aufschlüsselung einer Kraftfahrzeugsachverständigenrechnung eine Rechtsfrage entschieden, die eine Vielzahl von Verkehrsunfallsachen betrifft und äusserst umstritten sowie höchstrichterlich offensichtlich noch nicht geklärt ist.
Dabei ist es von der ihm erklärtermassen bekannten Rechtsprechung des zuständigen Berufungsgerichts abgewichen.
Indem es die Berufung nicht zugelassen hat, hat es damit eine Sicherung der Rechtseinheitlichkeit im Zuständigkeitsbereich dieses Berufungsgerichts vereitelt...).


OLG KARLSRUHE
11.05.2004
AZ: 13 W 15/04

1.) Wird im Vorfeld eines Prozesses ein Gutachten erstellt, können die Gutachtenkosten nur in Ausnahmefällen als Kosten des Rechtsstreits ersetzt werden.

2.) Beauftragt eine Kaskoversicherung einen Sachverständigen, da er den Versicherungsnehmer (VN) des Versicherungsbetrugs verdächtigt, können die Gutachtenkosten als Kosten des Rechtsstreits u.U. auch dann ersetzt werden, wenn eine längere Zeitspanne zwischen Gutachtenerstellung und Prozess liegt und ein Prozess dem VN nicht angedroht wurde.

Aus den Gründen: (...Wenn Besonderheiten auftreten, die den Verdacht eines vorgetäuschten Schadensfalls begründen, muss die Versicherung mit einem Prozess zur Durchsetzung unberechtigter Forderungen rechnen.
Es ist geboten, einen Sachverständigen mit der Spurensicherung zu beauftragen, um im Deckungsprozess zum Verdacht des Versicherungsbetrugs substanziiert vortragen zu können.
Die Kosten des vorgerichtlichen Gutachtens sind dann erstattungsfähig...).


OLG DÜSSELDORF
20.08.1991
AZ: 11 WF 10/91

1.) Die Entschädigung des Sachverständigen ist unabhängig davon festzusetzen, ob das Gericht oder die Parteien das Gutachten für richtig halten.

2.) Wenn ein Gutachten durch das Gericht verwertet wurde, kann der Einwand der persönlichen Ungeeignetheit des Sachverständigen seinem Entschädigungsanspruch nicht entgegengehalten werden.

3.) Eine Kürzung der Sachverständigenentschädigung wegen Überschreitung des Auftrages kommt nur in Betracht, wenn festgestellt werden kann, dass die Pflichtverletzung des Sachverständigen höhere Kosten verursacht hat, als ohne die Überschreitung entstanden wären.


OLG FRANKFURT AM MAIN
04.07.1996
AZ: 6 U 90/96

Aus den Gründen: (...Die Behauptung, "Die Erstattungsfähigkeit der Sachverständigengebühren richtet sich nach der üblichen Vergütung im Rahmen billigen Ermessens gem. den §§ 632 II und 315 BGB.
Insoweit können die bundesweit geltenden Gebührensätze der DEKRA AG herangezogen werden", ist von den Haftpflichtversicherern im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen.
Gem. den §§ 824, 1004 BGB besteht ein Unterlassungsanspruch, wenn eine Tatsache behauptet oder verbreitet wird, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen.
Mit der Äusserung versuchen die Haftpflichtversicherungen, freie Sachverständige zugunsten von Grossorganisationen wie z.B. der DEKRA AG oder eigener Sachverständiger zurückzudrängen, indem sie ihnen überhöhte Gebühren unterstellen...).


KG
15.11.2004
AZ: 18 U 18/04

Die Kosten für das Gutachten eines Sachverständigen hat der Schädiger in der Regel auch dann zu tragen, wenn das Gutachten zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sachlich nicht geeignet ist.
Ein anderes Ergebnis kommt nur dann in Betracht, wenn dem Geschädigten bzgl. der Unbrauchbarkeit des Gutachtens ein Verschulden trifft.


AG ASCHAFFENBURG
06.06.2003
AZ: 19 C 1877/02

 


Kfz Sachverständigenbüro für
Berlin und Brandenburg
Sachverständigenbüro
Barim Köpenick Treptow Neuköln Tempelhof Marzahn Pankow Steglitz Zehlendorf Wilmersdorf Chalottenburg Spandau Reinickendorf Mitte